UNTERZUCKER:
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Eine schwere Hypoglykämie ist für Menschen mit Diabetes ein Notfall und schnelle Hilfe kann lebenswichtig sein. Daher sprechen wir darüber, wie man schwere Hypoglykämien erkennt und helfen kann. Informieren Sie sich hier für den Fall der Fälle.
Was ist das?
Unterzuckerung – ein häufig vernachlässigtes Problem
Die meiste Zeit dreht sich Ihr Diabetesmanagement vorrangig darum, einen hohen Blutzuckerspiegel zu vermeiden. Doch ist Ihnen schon einmal das Gegenteil, eine Unterzuckerung, passiert? Die Auslöser einer Unterzuckerung (Hypoglykämie, oft auch einfach „Hypo“ genannt) sind vielfältig und manchmal kommt die Hypo unerwartet: Dabei sinkt der Blutzuckerwert auf sehr niedrige Bereiche ab und es treten, je nach Schweregrad und individuell, unterschiedliche Symptome auf. In Abhängigkeit davon, ob man die Unterzuckerung noch selbst beheben kann oder nicht, wird zwischen zwei Formen unterschieden1:
Leichte Unterzuckerung
- Der Betroffene ist bei Bewusstsein
- Er kann sich selbst durch die Aufnahme von schnell wirksamen Kohlenhydraten (z. B. Traubenzuckerplättchen oder zuckerhaltiges Getränk) helfen
Schwere Unterzuckerung
- Der Betroffene ist nicht mehr bei Bewusstsein oder nicht mehr ansprechbar
- Er kann sich nicht mehr selbst helfen und benötigt Fremdhilfe
Wer von einer Unterzuckerung betroffen sein kann und wann das Risiko für eine Unterzuckerung erhöht ist, erfahren Sie hier .
Eine gute Vorbereitung für den Fall der Fälle ist das A und O12.
Auf dieser Seite haben wir Ihnen die wichtigsten Informationen zum Thema Hypoglykämie zusammengefasst. Je besser Sie sich mit dem Thema auskennen, desto schneller können Sie eine sich anbahnende Unterzuckerung erkennen und frühzeitig eingreifen. Auch Angehörigen und Freunden können die hier bereitgestellten Informationen helfen, um in einem Hypoglykämie-Notfall erste Hilfe leisten zu können.
Wer ist betroffen?
Prinzipiell besteht für alle Menschen, die z.B. mit Insulin, Sulfonylharnstoffen und/oder Gliniden behandelt werden, das Risiko einer Unterzuckerung3. Es gibt Patienten, die anfälliger dafür sind, andere weniger. Wenn Sie oder Ihre Angehörigen mit den genannten Antidiabetika behandelt werden, sollten Sie mit Ihrem Arzt unbedingt über Unterzuckerungen, Vorsorgemaßnahmen und geeignete Behandlungsoptionen sprechen. So sind Sie und Ihre Angehörigen vorbereitet.
Unabhängig davon, welches Medikament Sie einnehmen und welche Form von Diabetes Sie haben, gibt es bestimmte Faktoren, die das Risiko für Unterzuckerungen erhöhen. Die Gefahr steigt generell mit zunehmender Dauer der Insulintherapie an3,4. Auch bereits stattgefundene, schwere Unterzuckerungen erhöhen das Risiko für weitere schwere Unterzuckerungen5.
Vor allem ältere Patienten über 60 Jahre und sehr junge Kinder sind häufiger von schweren Unterzuckerungen betroffen4. Hier ist die Aufklärung besonders wichtig.
Ein wichtiger Punkt, den Sie als Patient mit in der Hand haben, ist die Einstellung Ihres Blutzuckers. Dabei geht es nicht um den HbA1c-Wert an sich, sondern um die täglichen Schwankungen des Blutzuckers. Auch wenn die HbA1c-Werte im vorab definierten Zielbereich liegen, kann es zu schweren Hypoglykämien kommen6. Denn auch zwei Patienten mit dem gleichen HbA1c-Wert können unterschiedlich häufig von Unterzuckerungen betroffen sein, weil vielleicht einer der Patienten stärkere Schwankungen beim Blutzuckerspiegel hat als der andere. Der HbA1c-Wert zeigt nur den Durchschnitt der Blutzuckerwerte an, gibt aber keine Auskunft über die Höhe der Schwankungen.
Risikofaktoren für Hypoglykämien
Wie entsteht eine Unterzuckerung?
Beim gesunden Menschen wird der Blutzucker durch ein in sich geschlossenes System innerhalb bestimmter Grenzen gehalten. Normalerweise leitet der Körper bei sinkenden Blutzuckerspiegeln eine Gegensteuerung ein, um sich vor einer Unterzuckerung zu schützen. Bei Menschen mit Diabetes funktioniert das System zur Blutzuckerregulation nicht mehr perfekt, da Insulin nicht mehr richtig wirkt oder in zu geringen Mengen vorhanden ist. Durch das Spritzen von Insulin oder die Einnahme von anderen Diabetes-Medikamenten wird folglich von außen in das System eingegriffen. Eine Unterzuckerung kann eintreten, wenn das Verhältnis zwischen Insulindosis, Nahrung und Energieverbrauch nicht stimmt. Zusätzlich kann es bei manchen Menschen mit Diabetes vorkommen, dass das körpereigene Gegensteuern zu spät in Gang gesetzt wird oder nicht mehr richtig funktioniert7.
Die häufigsten Ursachen einer Hypoglykämie1,8
Zu hohe Dosierung von Medikamenten
- Es wurde zu viel Insulin verabreicht oder es wurden zu viele Tabletten, die ein Unterzuckerungsrisiko bergen, eingenommen
- Ergebnis: Der blutzuckersenkende Effekt ist zu stark
Zu geringe Nahrungsaufnahme
- Im Verhältnis zur Medikamentendosis wurde zu wenig Nahrung aufgenommen oder es lag ein zu langer Abstand zwischen der Verabreichung von Insulin und der Nahrungsaufnahme
- Die blutzuckersenkende Wirkung der Medikamente setzt also ein, ohne dass ein entsprechender Zuckergehalt im Blut vorhanden ist
- Ergebnis: Der Blutzucker sinkt stärker als geplant
Überanstrengung / ungeplante körperliche Aktivität
- Ungeplante körperliche Aktivität oder Sport dauert länger an als geplant
- Bei körperlicher Aktivität wird zusätzlich Zucker verbrannt, was den Blutzuckerspiegel sinken lässt
Alkoholkonsum
- Alkohol hemmt die Neubildung von Glukose und Glykogen in der Leber
- Die Leber ist nicht in der Lage, ausreichend Zucker zu bilden, da sie mit dem Abbau des Alkohols beschäftigt ist
Wussten Sie, dass auch Stress im Alltag das Risiko in eine Unterzuckerung zu rutschen, erhöht? Dabei ist der Stress an sich nicht die Ursache, sondern vielmehr das Vergessen von Mahlzeiten oder Fehler bei der Berechnung der Insulindosen in stressigen Situationen. Es ist also immer gut, ausreichend Zeit für Pausen und Snacks einzuplanen.
Wie erkenne ich sie?
Anzeichen und Symptome von Unterzuckerungen
Eine Unterzuckerung zu erkennen ist nicht immer einfach, denn die Symptome sind vielfältig und variieren von Mensch zu Mensch. Maßgeblich ist dabei auch die eigene Wahrnehmung:
Je nach Schwere der Unterzuckerung können sich unterschiedliche Symptome zeigen und auch in Kombination miteinander auftreten: So können die Stresshormone Adrenalin und Kortisol, die zur Gegenregulation freigesetzt werden, unspezifische Symptome wie Zittern, Schwitzen, Heißhunger oder Herzklopfen auslösen.
Daneben gibt es Symptome, die durch den Zuckermangel im Gehirn entstehen. Frühe Symptome sind z. B. nachlassende Konzentration, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Sprachstörungen oder Schwindel. Versuchen Sie, ein Gefühl für Ihre individuellen Anzeichen einer Unterzuckerung zu entwickeln und beziehen Sie unbedingt Ihre Angehörigen mit ein. Nur so können Sie frühzeitig durch die Aufnahme von Zucker handeln und ein weiteres Absinken des Blutzuckers vermeiden1.
Wenn Symptome nicht rechtzeitig erkannt werden und der Blutzucker weiter sinkt, kann es zu einer schweren Unterzuckerung kommen.
Dann können die extrem niedrigen Blutzuckerwerte zu Krämpfen, Bewusstlosigkeit oder Koma führen. Handeln Sie daher bei jedem Anzeichen einer Unterzuckerung sofort, um diese Situation zu vermeiden1,16. Dabei gilt: Erst essen, dann messen!
Symptome von Hypoglykämien1,12
Nächtliche Hypoglykämien
Unterzuckerungen können auch nachts auftreten. Das Gefährliche daran: Im Schlaf bemerken Sie die Symptome nicht unbedingt, sodass Sie nicht immer aufwachen und deshalb auch nicht gegen die Unterzuckerung vorgehen können. Typisch nach einer nächtlichen Hypoglykämie sind starke Müdigkeit und Erschöpfung am nächsten Morgen. Auch sehr hohe Blutzuckerspiegel am Morgen, Alpträume und nächtliche Schweißausbrüche können auf eine nächtliche Unterzuckerung hinweisen9,10. Eines oder mehrere dieser Zeichen treffen auf Sie oder Ihren Angehörigen mit Diabetes zu? Dann sollten Sie zur Sicherheit den Blutzucker auch nachts nochmals messen und die Werte mit Ihrem Arzt besprechen. So kann die Therapie angepasst und das Problem nächtlicher Unterzuckerungen verringert werden.
Unawareness – wenn die Wahrnehmung der Symptome gestört ist
Auch bei intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema Unterzuckerung kann die Gefahr einer schweren Hypoglykämie nicht vollständig ausgeschlossen werden. So haben manche Menschen mit Diabetes ein besonders hohes Risiko für schwere Unterzuckerungen: Sie nehmen die Anzeichen einer Hypoglykämie erst spät oder gar nicht wahr. Dieses Phänomen bezeichnet man auch als Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung oder „Unawareness“.
Prinzipiell steigt das Risiko, eine Wahrnehmungsstörung zu entwickeln, mit der Dauer der Insulintherapie und der Häufigkeit bereits aufgetretener, schwerer Unterzuckerungen4,5. Das liegt am Gewöhnungseffekt des Körpers: Patienten, die schon länger Insulin injizieren, sind an niedrige Blutzuckerwerte gewöhnt und bemerken stark gesunkene Werte häufig erst dann, wenn sie schon sehr niedrig sind.
Spezielle Trainings können bei „Unawareness“ helfen
Sie sind von einer Hypowahrnehmungsstörung betroffen? Mithilfe spezieller Schulungsprogramme können Sie Ihre Wahrnehmung sensibilisieren. Dabei werden Hypoglykämiewahrnehmung und Selbstbeobachtung intensiv geschult, sodass die Häufigkeit von Unterzuckerungen, insbesondere schwerer Formen, gesenkt werden kann.
Nach Abschluss einer solchen Schulung kennen die Teilnehmer ihre individuellen Anzeichen einer Unterzuckerung besser und sind in der Lage, im Alltag darauf zu reagieren. Außerdem vermittelt die Schulung wichtige Informationen zu den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Hypoglykämien11.
Sprechen Sie am besten Ihren Arzt oder Ihre Diabetesberatung an und lassen Sie sich zu Schulungen in Ihrer Nähe beraten oder vereinbaren Sie gemeinsam Strategien zur Steigerung Ihrer Hypowahrnehmung.
Was kann ich dagegen tun?
Keine Angst mehr vor Unterzuckerung
Je besser Sie Ihren Körper kennen und wissen, mit welchen Symptomen sich eine Unterzuckerung bei Ihnen bemerkbar macht, desto besser können Sie sie in den Griff bekommen. Sprechen Sie auch mit Ihren Bezugspersonen, z. B. Angehörigen, Freunden oder Arbeitskollegen über Anzeichen einer Hypoglykämie. Die Wahrnehmung der Anderen kann Sie dabei unterstützen, die Symptome zu erkennen und somit rechtzeitig zu handeln. Erste Priorität ist das Verhindern schwerer Hypoglykämien durch unverzügliche Zufuhr von schnell wirksamen Kohlenhydraten bei leichten Unterzuckerungen. Bei wiederholten Hypoglykämien sollten Sie mit Ihrem Arzt über eine Anpassung der Diabetes-Therapie sprechen.
Leichte und mittelschwere Unterzuckerungen sofort selbst behandeln
Sobald sich die ersten Anzeichen einer Unterzuckerung bemerkbar machen, sollten Sie sofort ca. 2 BE schnell wirksame Kohlenhydrate zu sich nehmen.
Gut geeignet sind:
Achtung! Light- oder Diätprodukte mit Süßstoffen, wie z. B. Cola Light oder Zero, enthalten keinen Zucker und helfen deshalb nicht bei einer Unterzuckerung.
Wenn Sie schnell wirksame Kohlenhydrate zu sich genommen haben, sollten sich die Symptome der Hypoglykämie schnell bessern. Messen Sie zur Kontrolle nach 10-15 Minuten Ihren Blutzuckerwert. Verzehren Sie anschließend langsam verdauliche Kohlenhydrate, wie Vollkornprodukte, Obst oder Müsliriegel und bestimmen Sie zur Sicherheit nach 30 Minuten nochmal den Blutzucker. Der Wert sollte dann über 120 mg/dl bzw. 6,7 mmol/l liegen12.
Hilfe bei schweren Unterzuckerungen
Eine schwere Unterzuckerung kann zu Krämpfen und Bewusstlosigkeit führen, und dadurch kann es zu lebensbedrohlichen Situationen kommen. Es handelt sich um einen Notfall, der sofortiges Eingreifen durch Andere erfordert.
Helfer sollten sofort den Notarzt rufen. Zur Behandlung einer schweren Unterzuckerung gibt es im Notfall prinzipiell zwei Möglichkeiten:
- Die Gabe einer Glukoseinfusion durch medizinisches Fachpersonal, um schnell Zucker von außen zuzuführen
- Die Gabe von Glukagon, um die körpereigenen Zuckerreserven der Leber zu mobilisieren (siehe Infografik)
Während das Anlegen einer Infusion mit Glukoselösung nur durch den Notarzt möglich ist, kann Glukagon grundsätzlich auch von medizinischen Laien verabreicht werden. So können auch Familienmitglieder oder Arbeitskollegen im Notfall helfen. Menschen mit Diabetes, die ein Risiko für eine schwere Unterzuckerung haben, sollten daher ein solches Glukagon-Notfallmedikament an allen wichtigen Orten des Alltags, z. B. bei der Arbeit, hinterlegen oder bei sich tragen. Bei Kindern mit Typ-1-Diabetes sollte das Notfallmedikament im Kindergarten oder in der Schule bereitgehalten sowie der Lehrer ausführlich über den Diabetes und die Maßnahmen im Notfall informiert werden.13,14
Glukagon-Notfallpräparate gibt es als Spritze zur Injektion in den Muskel oder als Pulver zur Verabreichung über die Nase. Um im Ernstfall richtig handeln zu können, sollten Angehörige vorab in der Verabreichung geschult werden.
Bei der Injektion wird zunächst Glukagon-Pulver mit Flüssigkeit vermischt, in eine Spritze aufgezogen und dann in die Muskulatur gespritzt. Um im Ernstfall richtig handeln zu können, sollten Angehörige vorab in der Verabreichung der Injektion geschult werden.
Bei der Verabreichung über die Nase wird ein Einzeldosisbehältnis mit der Spitze in ein Nasenloch eingeführt und dann wird mit einem Knopfdruck Glukagon in die Nase freigesetzt.
Der Muskel bzw. die Nasenschleimhaut nimmt das Glukagon auf und leitet es weiter, so dass es in den Blutkreislauf gelangt (siehe Infografik).
Eine durch Sulfonylharnstoffe verursachte schwere Unterzuckerung erfordert eine sofortige medizinische Behandlung. Gegebenenfalls ist eine Krankenhauseinweisung erforderlich.2
Schweren Unterzuckerungen vorbeugen
Seien Sie aufmerksam: Es muss nicht erst zu einer schweren Unterzuckerung kommen, bevor Sie mit Ihrem Arzt darüber sprechen. Es ist normal, dass leichte Unterzuckerungen ab und zu vorkommen. Wenn sich diese leichten Ereignisse bei Ihnen plötzlich häufen, können Sie darauf einfach und schnell reagieren, indem sie solche Veränderungen zeitnah mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Er kann gemeinsam mit Ihnen nach möglichen Ursachen suchen und Ihnen ein Glukagon-Notfallmedikament für den Fall der Fälle verschreiben. Wichtig ist, dass Sie und Ihr Arzt den Ursachen Ihrer häufigeren Unterzuckerungen auf den Grund gehen. Vielleicht sind Ihre Medikamente nicht richtig eingestellt und die Dosis muss angepasst werden? Auch ein Wechsel des Insulins oder des Diabetes-Medikaments kann notwendig sein.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Hilfsmittel wie Blutzuckertagebücher oder Apps, die Sie bei der Ursachenforschung Ihrer Unterzuckerungen unterstützen. Tragen Sie hierfür einfach Ihre Blutzuckerwerte, Mahlzeiten und körperlichen Aktivitäten ein – so können Sie Ihre täglichen Blutzuckerschwankungen und Ihren Tagesablauf nachverfolgen.
Behalten Sie vor allem die Schwankungen im Blick: Hohe Blutzuckerschwankungen bzw. längere Zeiten außerhalb des mit dem Arzt vereinbarten Blutzucker-Zielbereichs sind ein Risikofaktor für Unterzuckerungen.
CGM-Systeme, die eine kontinuierliche Glukosemessung ermöglichen, sind besonders nützlich für Menschen mit Diabetes, die ein sehr hohes Risiko für schwere Unterzuckerungen haben. Im Vergleich zu FGM-Systemen (Flash Glukose Monitoring) messen und übertragen CGM-Systeme die Zuckerwerte in Echtzeit und haben eine Alarmfunktion. Die Beantragung eines solchen Geräts wird allerdings nur in speziellen Fällen akzeptiert. Erkundigen Sie sich daher bei Ihrem behandelnden Arzt, ob Sie für ein solches Gerät in Frage kommen.
Neben diesen technischen Hilfsmitteln können Menschen mit Wahrnehmungsstörungen zusätzlich von bestimmten Schulungen profitieren. Diese Schulungen helfen, die Symptome rechtzeitig zu erkennen. Dieses Angebot ist gerade für Patienten mit langer Krankheitsdauer oder regelmäßigen schweren Unterzuckerungen sinnvoll.
Falls Sie bisher noch keine schwere Unterzuckerung hatten, aber dennoch besorgt sind, können Sie dies ruhig bei Ihrem Arzt oder Ihrer Diabetesberatung ansprechen. Gemeinsam können Sie Ihre Gewohnheiten analysieren, Risiken erkennen und Strategien zur Vorbeugung von Unterzuckerungen entwickeln. Außerdem kann Ihr Arzt oder Ihre Diabetesberatung Sie entsprechend beraten und gemeinsam mit Ihnen einen verlässlichen Plan für den Notfall erarbeiten. Und je besser Sie vorbereitet sind, desto sicherer fühlen Sie sich.
Tipps für Angehörige
Angehörige – eine besonders wichtige Stütze
Als Angehöriger oder Freund eines Menschen mit Diabetes ist hin und wieder Ihre Mithilfe gefragt – ob Sie den Betroffenen auf Unterzuckerungs-Symptome aufmerksam machen, ihn zum Arztbesuch motivieren und begleiten oder im Fall der Fälle erste Hilfe leisten.
Da manche Menschen neben dem Diabetes zusätzlich eine verminderte Hypoglykämie-Wahrnehmung haben, ist die Unterstützung durch das Umfeld sehr wichtig. Seien Sie also aufmerksam und sprechen Sie den Betroffenen an, falls Sie eine beginnende Hypoglykämie bei ihm vermuten. Generell ist ein offenes Gespräch zum Thema Hypoglykämie sinnvoll: Fragen Sie den Betroffenen, woran Sie als Außenstehender merken, dass es ihm nicht gut geht und wie Sie ihm in so einer Situation helfen können. Klären Sie auch, ob und wo er sein Notfallset deponiert hat, falls einmal eine schwere Unterzuckerung eintreten sollte.
Anzeichen gemeinsam erkennen
Die Anzeichen und Symptome einer Unterzuckerung sind bei jedem Menschen mit Diabetes individuell unterschiedlich. Daher muss jeder Patient herausfinden, welche Symptome bei ihm in welcher Reihenfolge auftreten und wie stark sie ausgeprägt sind. Dabei sind manche Anzeichen für den Betroffenen schwer wahrnehmbar, weswegen die Mithilfe von Angehörigen gefragt sein kann. So können Betroffene zum Beispiel selbst nicht sehen, ob sie blass werden. Ebenso fällt es Außenstehenden eher auf, dass sich die Sprache der betroffenen Person verändert oder sie besonders gereizt reagiert.
Bei auffälligen Verhaltensweisen ist es sinnvoll, den Betroffenen behutsam darauf anzusprechen oder vorher gemeinsam eine Vorgehensweise zu vereinbaren. Manchmal kann ein vorher vereinbartes Codewort sinnvoll sein. Das bedeutet dann für den Betroffenen: „Ich glaube, es geht Dir nicht gut, bitte trinke sofort eine Limonade.“ Möchte Ihr Gegenüber nicht offen über die Situation reden, scheuen Sie nicht davor zurück die Wichtigkeit des sofortigen Handelns erneut zu betonen.
Im Notfall vorbereitet sein
Wenn eine leichte Unterzuckerung nicht rechtzeitig behandelt wird, kann sich daraus eine schwere Hypoglykämie entwickeln.
Dann ist Ihre Hilfe gefragt, da Betroffene sich in diesem Fall nicht mehr selbst helfen können1,2!
Bei Bewusstlosigkeit oder Krämpfen sollten Sie umgehend den Notarzt rufen und den Patienten in die stabile Seitenlage bringen1,15! Teilen Sie der Notfallzentrale auch sofort mit, dass es sich um einen Menschen mit Diabetes handelt, der vermutlich eine schwere Unterzuckerung hat. So weiß der Notarzt schon vor Ankunft was zu tun ist und welche Ausstattung er dabei haben muss.
Sie können dem Notarzt folgende Infos geben:
- Name des Patienten
- Alter
- Diabetes-Typ-1 oder -2
- Insulinpflichtig oder nicht (Tabletten, falls kein Insulin, aber Sulfonylharnstoffe, dann unbedingt erwähnen)
- Symptome
Verabreichen Sie insulinbehandelten Betroffenen, falls vorhanden, Glukagon, aber niemals (!) Insulin1,15,16. Der Arzt wird dann zur Erhöhung des Blutzuckers eine Infusion mit Glukose anlegen oder Glukagon verabreichen.
Es gibt Glukagon-Präparate, die im Notfall auch von Angehörigen verabreicht werden dürfen und sollen. Glukagon-Notfallpräparate sind als Spritze zur Injektion oder als Pulver zur Verabreichung über die Nase erhältlich. Die Schulung von Angehörigen zur Anwendung solcher Glukagonpräparate wird häufig auch von den Diabetesberatern des Patienten angeboten. Falls eine schwere Unterzuckerung zu Hause auftritt, ist es hilfreich, wenn mehrere Familienmitglieder in die Glukagongabe eingewiesen wurden.
Um Ängste von Betroffenen und Angehörigen abzubauen, kann es helfen, sich gut auf den Fall der Fälle vorzubereiten. Denn schon, wenn man weiß, dass man im Ernstfall gezielte Hilfe erhält, kann das beruhigend wirken. Deshalb gilt: mit dem Diabetesteam über schwere Hypoglykämien sprechen und gemeinsam einen verlässlichen Plan zu ihrer Bewältigung erarbeiten. Ein solcher Plan legt fest, was genau zu tun ist. Anschließend werden der Notfallplan und seine einzelnen Maßnahmen mit den Menschen im persönlichen Umfeld durchgesprochen.
Sie können hier Ihren persönlichen Notfallplan kostenlos herunterladen.
Mit einer guten Vorbereitung können alle Beteiligten mit mehr Gelassenheit durch den Alltag gehen – schließlich wissen sie, wie sie die Situation gemeinsam meistern können.
Referenzen
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- Erste-Hilfe-Schema bei Unterzuckerung (Hypoglykämie). diabinfo – Das Diabetesinformationsportal, zuletzt abgerufen am 29.05.2020 unter: https://www.diabinfo.de/fileadmin/diabinfo/Leben_mit_Diabetes/Info-Ecke/Download/diabinfo_Hypoglykaemie_final.pdf